Radiokunst à la Leo Greller


Über den zwangsläufig zum Scheitern verurteilten Versuch des ohnehin stets leicht überforderten NDR, ein Radio-Feature über den eigensinnigen Hamburger Liedermacher und Provokateur Leo Greller zu produzieren.




Die Geschichte eines verkorksten Features

Die lange nicht mehr durch erwähnenswerte Produktionen aufgefallene Redakteurin eines Hamburger Rundfunksenders realisierte ein Radiofeature über die `Hamburger Schule´ deutschsprachiger Popmusik und bat Leo Greller um inhaltliche Unterstützung für das Projekt. Am seinem Beispiel sollte das Leben eines typischen Hamburger Liedermachers aus verschiedenen Perspektiven dokumentiert werden. Dies misslang gründlich.

Da wäre zunächst Leos Manager Ludo Kamberlein: Der Mann des Vertrauens für den Liedermacher. Kamberlein unterstützte die Feature-Redakteurin der Sache wegen, obwohl er neben Greller auch noch ein esoterisches Sängerinnen-Duo und eine Underground-Electrocombo aus Wedel betreut. Nach seinem Interview meinte er, er hätte `dieser Radiofrau´ viel mehr erzählt als er ursprünglich vorgehabt hätte, da sie ihm während der Gespräche ständig geschmeichelt habe.
Ebenfalls befragt wurde unnötigerweise eine Dame namens `Manuela´: Es ist kaum seriös zu nennen, in einem Feature über die Hamburger Schule im allgemeinen und Leo Greller im besonderen ausgerechnet eine Ex-Freundin des vielbeschäftigten Sängers Leos Schulfreund zu Wort kommen zu lassen. Insbesondere dann, wenn man die Dame im Feature ausführen läßt, warum sie illoyalerweise eher auf Rockmusik als auf die Klänge der Hamburger Schule steht. Und dies mit einer Begründung, die auch Männer mit mehr sexuellem Selbstbewußtsein Leos Freundin Manuelaals dem Grellers peinlich berühren würde.
Dann gibt es noch diesen ehemaligen Schulkameraden von Leo: Dieser ist mittlerweile Sanitärtechniker in Heide (Holst.). Hätte das nicht gereicht ? Der Mann wirkt wie voll durch seinen Beruf ausgelastet. Dies ist natürlich zu begrüßen, aber wir fragen trotzdem: Mußte ausgerechnet dieser Herr für das Feature über kulturelle Themen befragt werden ? War es tatsächlich eine glückliche Wahl, gerade einen ehemaligen Schulkameraden über Greller sinnieren zu lassen ? Jemanden, der Leo während der Schulzeit nicht sonderlich nahestand und den nachweislich schon die Betrachtung eines harmlosen Musikvideos aus dem Hause Greller überreizt ? Wir meinen, nein !


VERbrauchtes MISStrauen

Leo Greller ließ sich -trotz Bedenken- zur beratenden Mitwirkung an dem Feature breitschlagen. Was er nicht wissen konnte war, dass es besagter Redakteurin bei ihrer Arbeit offenbar mehr um die Bestätigung bürgerlicher Vorurteile gegen Künstlerpersönlichkeiten aller colour (hier der Hamburgerischen) ging als um eine aufrichtige Dokumentation. Leo wörtlich: `Ich habe immer schon gerne Hörspiele gehört und auch Radio- Features. Das letzte war eine wirklich interessante Dokumentation über das frühe Ableben von Sven-Simon Springer, dem Sohn von Axel Springer. Nicht zuletzt deshalb wollte ich an dem Hamburger Schule - Feature mitwirken. Hat nur leider nicht viel genutzt.´

Professionelles Management des LiedermachersMan hatte offenbar auch keine Skrupel, aus Leos engstem Familienkreis Personen über die `Hamburger Schule´ und über Greller `auspacken´ zu lassen. Heraus kam bei Leos Schwester eine laienhafte psychologische Analyse über Grellers Sozialisation hin zum Liedermacher. Das hier bediente Klischee `bei gleichaltrigen Mädchen erfolgloser Teenager flüchtet sich in eine poetische Traumwelt, in der später von der unfreiwilligen Askese beeinflußte authentische Lieder über Frauen entstehen´ vermag bei genauerer Betrachtung von Leos Biografie jedoch nicht nachhaltig zu überzeugen.
Auch eine Barfrau vom St.Pauli-Kiez wurde befragt. Will man allerdings seriös über prominente Personen recherchieren, dann sollte man nicht auf Informanten zurückgreifen, die diese Menschen regelmäßig in alkoholisiertem Zustand erleben. Es sollte daher schon die Fairneß gebieten, Barpersonal nicht zu Indiskretionen zu verleiten. Hat sich Redakteurin Carstensen in ihrem Feature daran gehalten ? Leider nicht, was mittlerweile allerdings kaum noch überrascht ...
Was bitte hat die Rundfunkredakteurin Carstensen dazu bewogen, sich ausgerechnet der bekannten Winterhuder Kolumnistin Reifenstein-Herbig als Quelle für ihr Feature zu bedienen ? Die Spatzen pfeifen seit Jahren von Hamburgs Dächern, dass es mit der Chemie zwischen der Zeitungsdame und dem wiederholt in Ihrer Kolumne schuldlos niedergemachten Liedermacher nicht zum besten bestellt ist. Und dies aus vollkommen privaten Gründen, die nichts in einem öffentlichen Rahmen zu suchen haben. Wir unterstellen, dass es die Hörer nicht interessiert, wer im vorliegenden Fall einen Korb vom jeweils anderen kassieren mußte: Der 36jährige Liedermacher oder die um einige unwesentliche Dekaden erfahrenere Zeitungsdame. Dass Frau Reifenstein-Herbig der `Hamburger Schule´ deutscher Popmusik ablehnend gegenübersteht, war daher vorhersehbar und hätte nicht noch zusätzlich durch besagtes Feature dokumentiert werden müssen.



Wenn man es mit der Hamburger Medienschickeria zu tun hat, sollte man sicherstellen, dass dies mit einer soliden kulinarischen Grundlage geschieht. Leo Greller greift diesbezüglich gerne auf alte Hausmannskost zurück und gönnt sich ein deftiges Blaubarschgericht, bevor er sich in die Schlacht mit einer nervigen und notgeilen Journalistin stürzt...

O-TON 'Leo Greller' über Hamburg

Blaubarsch mit Senfsauce I

Wenn man von Berlin über die Autobahn nach Hamburg hinein fährt und das Radio eingeschaltet hat, heißt einen die Stadt mit Evergreens von Madonna bis Phil Collins willkommen. In Hamburgs Äther regiert neben dem üblichen Dudelfunk nahezu absolutistisch der NDR. Und das ist eine Regime, das man leider nicht abwählen kann. Radiohörer sowieso nicht und kleine Künstler wie ich erst recht nicht.

Leo Greller ist viel authentischer als andere musikalische Nieten Wenn man sich von öder Musik zur Begrüßung nicht abschrecken lässt und trotzdem weiter in die Stadt fährt, kommt man schnell zu unserer bunten Meile, der Reeperbahn. Dort habe ich standesgemäß in einer Seitenstraße `ne kleine Wohnung zum Hinterhof. Mein Zuhause in der Hein-Hoyer-Straße: Es war ein verregneter Sonntagnachmittag vor ungefähr einem dreiviertel Jahr im April. Ich hatte irgendwie wieder mal den Blues. Erst mal grundsätzlich und an dem Tag glücklicherweise auch noch zusätzlich in Form meines Mittagessens `Blaubarsch mit Senfsauce´. Der brauchte noch ungefähr 10 Minuten im Backofen, also hörte ich nebenher etwas Radio. Ich war an dem Tag nicht besonders scharf auf Musikhören. Damals hatte ich gerade meinen letzten Song `Halblang, Kleines!´ aufgenommen und er verkaufte sich nur sehr mau. Im Radio wurde er natürlich überhaupt nicht gespielt. Gut, ich kannte das schon.
Es lief also der Deutschlandfunk und ich hoffte auf irgendein interessantes Gespräch. Das hätte sich fast auch ergeben: Eine junge Objektkünstlerin schilderte uns Zuhörern, wie sie dadurch, dass sie sich häufig alle möglichen Dinge von ihren Bekannten lieh, an den Materialkosten für ihre Werke sparte. Als sie sich gerade darüber beklagte, dass gute Freunde für eine Künstlerin wie sie wirklich schwer zu finden seien, schnitt ihr der Moderator --erstaunlich spät- das Wort ab: `Jetzt haben wir aber schon wieder viel zu lange geredet. Als nächste Musik gibt´s gleich für unsere Zuhörer einen ganz besonderen Leckerbissen.´ Leckerer als mein Blaubarsch im Backofen ? Unüberhörbar. Der Wichtigtuer im Radio meinte: `Für Sie daheim oder unterwegs habe ich während meines letzten Aufenthaltes in den USA eine ganz besondere CD aufgetrieben. Wir alle kennen den in den Staaten irrsinnig erfolgreichen Bruce Springsteen. Aber kennen wir auch seine Cousine ?´. Ich bekam direkt ein schlechtes Gewissen. Der Moderator schien das zu ahnen und setzte nach: `Es ist wirklich seltsam, dass die Dame hierzulande noch völlig unbekannt ist. Sie hat bereits ihre dritte CD eingespielt. Von der hören wir jetzt den Titelsong.´ Wow ! Was für eine durch und durch musikalische amerikanische Familie, die der Deutschlandfunk mir da ins Haus schickte! Wie gut, dass dieser Sender seine Reporter hinaus in die medial noch viel zu wenig erschlossene Neue Welt schickt, damit wir uns hierzulande nicht von einheimischen Nachwuchsbands volldröhnen lassen müssen ...


O-TON 'Leo Greller' über den Norddeutschen Rundfunk

Blaubarsch mit Senfsauce II

Als ich den Kram damals im Radio gehört hatte, dachte ich, ich hätte doch lieber Herrn Begemann oder Herrn Schamoni den Vortritt lassen sollen bei diesem Feature. Leute, die die Sendung gehört hatten, mussten ja denken, Leo Greller sei ein postpubertärer Schlappes.

Hamburger-Hafen-Landungsbrücken Vor allem womit Ludo zitiert wird: Wen interessieren denn olle Kamellen wie die, dass ich meinen Eltern vor zig Jahren mal 300 Mark geschuldet habe ? Ich stellte meinen Herrn Manager natürlich zur Rede. Er meinte: `Ja, ich bekenne mich schuldig, Leo. Ich hab´ der Hörfunkbraut viel mehr erzählt als ich eigentlich vorhatte. Die hat mir die ganze Zeit geschmeichelt, fast `n bisschen geflirtet und Du weißt ja: Für eine vom NDR war sie sogar relativ frisch. Jeder Mensch braucht ab und zu n´ paar Streicheleinheiten, egal von wem.´ Der bisher einzige Lichtblick in dem Feature war meine Lieblingsbarfrau auf St. Pauli. Die weiß eben, was sie ihren Stammkunden an Diskretion schuldet. Ganz im Gegensatz zu der Dame, die sich vor einem dreiviertel Jahr meine Freundin schimpfte - Mit Manuela das Peinlichste kommt ja erst noch. Und was von der aufdringlichen Klatschkolumnistin nachher noch zu hören sein wird, gehört eigentlich auch nicht in `ne seriöse Sendung. Aber im Quotenradio muss es wohl ständig ordentlich `menscheln´.
Vielleicht hätte ich doch darauf eingehen sollen als mir die Carstensen im Café Schwanenwik anbot, wenigstens meine Rolle in den Spielszenen selber zu sprechen. Statt dass sie so´n Lackaffe von Vorabendserienschauspieler verunstaltet. Die können doch eigentlich immer nur sich selber spielen ... . Wenn ich mich selber gemimt hätte, dann hätte ich sicher mehr Einfluss darauf gehabt, was letztendlich gesendet worden wäre. Eigentlich war ich ja auch gar nicht so abgeneigt. Ich dachte mir halt, es wäre vielleicht taktisch klug, erst einmal mit dem nicht so grandiosen Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei uns Wortkünstlern zu kokettieren. Hätte ich aber vielleicht doch für mich behalten sollen, meine gespielte Bescheidenheit: `Frau Carstensen, ich bin ganz durch´n Wind, dass sie mich als Sprecher in Erwägung ziehen. Dabei passe ich doch gar nicht so recht ins NDR-Programm. Schließlich kämpfe ich mit meiner Kunst gerade gegen Sprachverfall und Gutmenschentum an.´ Ich bin einfach davon ausgegangen, dass so eine üppig bezahlte Redakteurin vom Staatsfunk über genügend Selbstbewusstsein verfügt, über meine kleinen Sticheleien hinwegzusehen. Ich meine, O.K. -- wer bin ich denn schon ? Und wie viel Macht, Geld und Einfluss hat der Norddeutsche Rundfunk ? Und also auch seine Redakteurinnen. Ich meine, die haben einfach die Mittel. Gut -- man hört das ihren allermeisten Sendungen natürlich nicht an ! Aber das ist doch trotzdem kein Grund, sich von `nem kleinen Sänger irritieren zu lassen.
Naja, wenigstens kam durch die Produktion dieses Features niemand ernsthaft zu Schaden. Obwohl: Frau Carstensen blieb doch nicht ganz unversehrt -- Sie erlitt einen kleinen Hörsturz als Sie einmal unangekündigt in die Proben zu meiner neuen Show hereinplatzte. Das zählt aber nicht, denn das wäre nicht passiert, wenn sie einfach nur ruhig dort sitzen geblieben wäre, wo ich´s ihr gesagt hatte -- `Ach wissen Sie, von hier vorne sehe ich Sie aber viel besser !´. Nicht mal meine kaum benutzten Oropax wollte sie sich leihen lassen: `Nee, lassen Sie mal stecken, Herr Greller !´ - Dann kann ich auch nichts dafür, wenn Michael den `Blue Devil´-Verstärker für seine E-Gitarre hochfährt und die Carstensen spricht davor gerade in ihr Handy mit dem Intendanten. Ich glaube ja, dass sich der Ohrring, den es ihr bei diesem Zwischenfall vom Kopf gepustet hat, bei einer der nächsten Proben wieder anfinden wird. Kann doch aus meiner Band niemand was mit anfangen, mit so `nem ehrwürdigen Familienerbstück. Außerdem hat sich Michael später noch telefonisch bei ihr entschuldigt. Kann natürlich sein, dass sie das so kurz nach diesem kleinen Unfall noch nicht richtig wieder hören konnte ...



Kakophonie, Schwafophobie ... aus dem Tagebuch eines genervten Liedermachers der 'Hamburger Schule' deutschsprachiger Popmusik: Über nervige Radiofritzen, naive Träumereien über den 'idealen Gig', Medienkritik über den Norddeutschen Dudelfunk und vereitelte Outings von Homosexuellen in der Musikbranche.

NERVTÖTER

Der Radiofritze

aus dem Medien-Tagebuch eines genervten Liedermachers der 'Hamburger Schule' deutschsprachiger PopmusikVerdammt, es fällt doch wohl absolut in Ludo´s Aufgabenbereich, mir kaputte Typen vom Hals zu halten. Ich will in Ruhe meine Arbeit machen. Aber er meint wohl, als mein Manager muss er alles, aber auch wirklich alles mitnehmen, was mir so von irgendwelchen Spinnern angeboten wird.

Herr Greller, haben Sie kurz Zeit für mich ? Ihr Manager, Herr Kamberlein, hat mich ermutigt Sie zu fragen, ob Sie in meinem Feature über die `Hamburger Schule´ deutscher Popmusik mitwirken wollen.

Wenn ich an ´nem Lied schreibe, brauche ich Ruhe. Ich schüttele sowas schließlich nicht mal eben einfach so aus dem Ärmel ! Das ist Milimeterarbeit. Da geht es nicht an, dass irgendein Wichtigtuer mich um halb 11 Morgens am Telefon damit zulabert ein Feature über mich machen zu wollen. Über mich als wichtigen Vertreter der `Hamburger Schule´. Zweifelhafte Ehre ...
Der kann von mir aus einen Nachruf auf meine Karriere bringen, sobald ich den Löffel abgegeben habe. Aber vorher lasse man mich bitte noch eine Weile in Ruhe texten. Und dann noch so´n experimentelles Zeug !

Also, Herr Greller: Das würde keinesfalls ein einfaches Interview mit ihnen werden. Das läge unterhalb meines Anspruchs, Authentisches über die deutschsprachigen Hamburger Popmusiker zu berichten. In unserem Fall also über Sie.
In dem Feature würden Personen, die Ihnen unterschiedlich nahe stehen, zu Wort kommen: Ihr Agent ...

Das könnte Ludo so passen !

ehemalige Freundinnen ...

Die sollen sich lieber in Schweigen hüllen !

Klassenkameraden von Ihnen, Leute aus der Hamburger Künstlerszene ... -
Und Natürlich Sie selber, im O-Ton. Ohne, dass ich Ihnen Fragen stelle. Sie könnten erzählen, wonach Ihnen gerade ist, was Sie für wichtig halten.

Das ist ja ´ne tolle Idee ! Aber ich befürchte, daraus wird nichts: Wenn mir heute trotz Deines dummen Rumgequatsches noch was Brauchbares einfallen sollte, kommt das in meinen neuen Song !

Ich würde die einzelnen Beiträge dann so zusammenmixen, dass den Hörern ein individuelles Gesamtbild von Ihnen entsteht.

`Ne schöne Kakophonie würde das werden ! Auf Kosten meines Images, das sehe ich schon kommen. Nee, nee ! Der Typ soll mal lieber weiter studieren gehen, mir besser nicht über den Weg laufen und den Leo in Ruhe seine Arbeit tun lassen. Da kommt bestimmt was Gescheiteres bei raus als bei so ´nem ollen Hörbuch oder Feature. Jede CD von mir ist sowieso wie ein Kapitel aus meinen Memoiren.

Ich geb´ echt lieber der Mopo Interviews als solchen Pseudointellektuellen. Wenn ich denen von der Presse sage, dass sie in einem Artikel über mich Bockmist verzapft haben, dann haben die immerhin die Größe, das auch einzugestehen;
Aber wenn so ´ne hochambitionierte Toncollage misslingt, dann seh´ ich das doch schon kommen, dass sich so ein elitärer Radiospinner am Ende noch damit herausredet, es hätte an mir gelegen und mir die Schuld in die Schuhe schiebt.

Aber die werd´ ich mir nicht anziehen.



LUFTSCHLÖSSER

Der Idealgig

Mannomann, solche Träume, wie den letzte Nacht,  müßte man wirklich öfter haben: `Ein Tag im Leben des Superstars Leo Greller´ - So kam mir der vor. Als Stoff für ein neues Lied wäre so ein Idealbild von `ner Sängerkarriere ja auch nicht schlecht. Das würde allerdings voraussetzen, dass ich alle Einzelheiten noch zusammenbekomme...

Als erstes bin ich mal in ´nem Hotelzimmer aufgewacht. Wo war das nochmal ? Genau - Ganz trendy in Wien, schöne morbide Stadt.
Und natürlich wach´ ich nicht alleine auf: Das Groupie neben mir ist richtige Wienerin. Keine von den Nervensägen, die sich einem über hunderte von Kilometern auf der Tour hintendranheften. Sie bestellt mir noch den Zimmerservice für´s  Frühstück. Dann sagt sie kurz, dass sie schon auf meine nächste CD gespannt ist und verabschiedet sich ganz dezent und ohne Liebesschwüre.

Wie ging´s weiter ? Ich bekomme mein Frühstück an´s Bett und lese im Kulturteil der Morgenzeitung, dass mein Konzert vor zwei Tagen zweifelsohne die Maßstäbe für One-Man-Songabende in Österreich um einiges anheben wird - Überschrift des Artikels: `felix hammonia´, was bemerkenswert ist, denn eigentlich kann ich gar kein Latein.
Jedenfalls ist man in der Wiener Leopoldstadt schon total gespannt auf mein Wiederholungskonzert heute Abend. Dafür jogge ich mich dann am Nachmittag nach einem guten Essen im Schönbrunn-Park fit. Nur zweimal werde ich dabei von netten und ganz und gar nicht hysterischen jungen Wienerinnen erkannt und um ein Autogramm gebeten. Naja, und eine Telefonnummer wird mir augenzwinkernd zugesteckt.
Ich wundere mich noch im Nachhinein etwas, dass mir die Unaufgeregtheit der Leute im Traum so gefallen hat. Also, in echt hab ich das ja eigentlich ganz gerne, wenn die Mädels ´n bisschen wuschig werden und ausflippen. Könnte ruhig öfter der Fall sein ! Naja, war halt nur ein Traum.

Am Abend dann das Konzert. Ausverkauft und mitgeschnitten für´s Fernsehen. Ich trete pünktlich auf, habe es nicht nötig, die Leute durch Hinauszögern heiss auf mich werden zu lassen. Vorgruppe ist auch nicht, technische Schwierigkeiten - keine Spur. Ein paar jüngere Mädchen weinen, na also !
Die Zugaben dauern länger als meine Show. Die Leute wünschen sich nicht meine alten Kamellen, sondern fast nur Sachen von der neuen CD.

Nach über drei Stunden verabschiedet Leo Greller sein Publikum in den Teil der Nacht, den er ihm noch übriggelassen hat. Ein paar Roadies schleppen mich noch in eine Wiener `In´-Bar, in die sie ohne Begleitung eines Promis normalerweise nicht reinkommen - Auch nicht gerade realistisch, der Traum. Nach einem guten Konzert falle ich normalerweise halbtot in´s  Bett. Aber, was soll´s ?

Diese Nacht bleibe ich alleine. Nicht, weil sich nicht´s ergeben hätte, sondern weil ich am nächsten Tag, meinem letzten in der Stadt, noch was vorhabe: Ich besuche eine Freundin aus früheren Tagen, die mich einmal sehr inspiriert hat. Sie wohnt seit einiger Zeit in Wien und empfängt mich mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in ´ner großen schönen Altbauwohnung.
Meine ehemalige Muse sieht prima aus, ihr Mann freut sich mit ihr über meinen Besuch und auch die 3 Kinder sind happy. Die älteste ist 12. Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde, sie sieht mir ziemlich ähnlich. Dem Typ fällt das offenbar nicht auf und überhaupt scheint die Parallelwelt meines Traums in einem glücklichen Universum beheimatet zu sein, das von Vaterschaftstest nichts zu ahnen scheint.



Norddeutscher Dudelfunk

[Moderator:]... Ihr hörtet gerade die Hamburger Nachwuchshoffnung DJ Pumpbeat mit `Pulse Injection´. Starke Scheibe !
Schon ein bißchen länger im Geschäft, nicht ganz so bombastisch erfolgreich, ist mein nächster Studiogast hier bei Hype FM. Die eine oder der andere kennt ihn vielleicht sogar schon - Er kommt aus St. Pauli und hat uns seine neue CD `Halblang, Kleines !´ mitgebracht ...

[Leos innere Stimme:] Stop ! Halt ! So läuft das nicht. Ich will das nicht ! Alles wieder zurück auf Start !
Die Leute sollen HALBLANG,KLEINES! von sich aus kaufen, aus Neugierde. Oder sie sollen es bleiben lassen.O.K., zugegeben: Meine neue CD könnte sicher besser laufen. Den deutschen Musikmarkt wird sie wohl doch nicht völlig verwüsten, wie ich das erwartet hatte. Ich müsste Ludo eigentlich sagen, er soll als mein Manager das PR-Pedal noch mehr durchtreten. Das will ich aber nicht: Verdammt - Die Leute sollen “Halblang, Kleines !” von sich aus kaufen, aus Neugierde. Oder sie sollen es bleiben lassen. Ich bin 36 - Ich hab´ einfach keine Lust mehr, in irgendwelchen miefigen Radiosendungen vor Hörern mein Leben runterzubeten. Nur weil sie mich noch nicht kennen, noch nie was von mir gehört haben. Die können mich mal !

...Ihr wisst immer noch nicht, wer heute bei mir im Studio sitzt ? Ich gebe Euch einen Tip: Er hat was mit der legendären `Hamburger Schule´ zu tun. Wird da sogar manchmal als heimlicher Klassensprecher bezeichnet. Na, dämmert´s langsam ?

Und dann kann es noch passieren, dass mich so´n grenzdebiler Dudelfunk-Moderator als Obermacker der Hamburger Schule deutscher Popmusik anpreisen will. Oberpeinlich!
Klassensprecher war ich auf der richtigen Schule schließlich auch nie.Wär´ ich damals ein Klassensprechertyp gewesen, dann wär´ich heute nicht Popsänger, sondern Leiter in ´ner Bankfiliale oder sonstwas Gemeines. Überhaupt: Ein typisch plakatives Label von der Presse - `Hamburger Schule´.
Das könnte den Schreiberlingen so passen ... alles schön übersichtlich eingeteilt: Als Klassenstreber die Intelligenzbestien von `Blumfeld´, als Klassenflittchen die Mädels von `die Braut haut ins Auge´ und als Klassenrowdie am besten noch Rocko Schamoni. Vielen Dank - So ´ne (imaginäre!) Schule müsste man wirklich anzünden ... ! Naja, jedenfalls wär´s keine für den kleinen Leo.

Man sollte meinen, dass in `ner großen Stadt wie Hamburg die Radiosendungen eigentlich mehr Niveau haben müssten. Da kommt man aus Heide hierher, denkt `So, jetzt ist es wohl mit dem Kraut- und Rübenfunk erstmal vorbei, Nun ist Metropolenprogramm angesagt.´.
Aber denkste: Die Hanseaten lieben´s flach. Bloß keine stilvollen Musiksendungen, bloß keine intelligenten Lieder, sondern lieber Fischmarktgesülze auf Kopfhörer. Kein Platz für Leo Greller. Und wenn, dann höchstens als Alibi.
Jetzt mal unter Dudelfunk-Moderatoren: Wir müssen in Hamburg ja zum Glück keinen Deutschpop aus Berlin importieren, wir haben selber Musiker in unserer schönen Hafenstadt. Wir kaufen zwar ihre Platten kaum und lassen sie auch nicht so gerne in unseren Fernsehsendungen auftreten. Aber wir kennen durchaus ihre Namen, wir wissen, wo sie wohnen und wir haben ihnen sogar eine gesonderte Schublade reserviert, damit auch ganz klar ist, was wir von ihnen erwarten:
Das ist die `Hamburger-Schule´-Schublade. Genau - Die in der Kommode, die ganz hinten in unserer Besenkammer steht. Und aus dieser Schublade heraus soll es bitte nicht zu subversiv heraus schallen: Schräge Alltagsgeschichten, nicht zu abgehoben, jeder sollte es verstehen können. Ein wenig Ironie ist OK. Melancholie schadet auch nicht. Sogar ernsthaft darf es ab und zu mal sein, wir sind mal nicht so ...


OUTING

Durch die Hintertür

In meine Musik fließt alles Mögliche mit ein: Fußball, mein Leomobil, MöbelMöbel, Politik, Comics, Steuerbescheide ... und ganz besonders natürlich Frauen.
Manche Frauen inspirieren mich total, wenn ich einen neuen Song schreibe: Auf Titel wie `3 ½ Arten, Elke zu lieben´ oder `Emanzipiert und trotzdem pikiert´ kommt man nicht, wenn man in Liebesdingen gerade Frust schieben muss.

Wenn mich andererseits heute im `Pudels Club´ ´ne Ex von mir anhaut und im Nachhinein von mir wissen will, warum ich eigentlich während wir zusammen waren, ausgerechnet Titel wie `Nimm bitte die Hintertür´ oder `sexuelles Mobbing´ eingespielt habe, dann muss sich Leo Greller schon ziemlich zurücknehmen, um nach einer Antwort auf so´ne Frage immer noch als Gentlemen durchgehen zu können.

Darüber müßtest Du unbedingt mal ein Lied schreiben !

Worauf ich ja auch gar nicht kann ist, wenn man mich zu bestimmten Themen drängen will:

Wenn ich auf dem Turmweg-Straßenfest auftrete und hinterher zur Entspannung in ´nem leeren Übertragungswagen vom NDR ´ne kleine Nummer mit ´ner Freundin schiebe ...
... wenn dann mitten während dieser Privatübertragung ein paar spielende Kinder in den Wagen platzen ...
... und wenn diese Freundin in den nächsten Tagen immer wieder damit anfängt, dass sich diese Geschichte doch eigentlich super für ´nen neuen Song anbieten würde - z.B. einen über tragische Fälle von `coitus interruptus´ wegen übertriebener Rücksicht auf spielende Kinder ...

Darüber müßtest Du unbedingt mal ein Lied schreiben !

... dann wird Leo Greller doch gleich wieder misstrauisch, ob sich da nicht nur wieder jemand in seinen Werken verewigen will.

Über sowas singst Du nie !

Auch enge Vertraute sind da ja nicht vor gefeit:

Wenn Ludo mir in regelmäßigen Abständen immer wieder mal “zu bedenken geben möchte”, ob ich nicht auch mal eine Nummer speziell für meine `rein´ männlichen Bewunderer schreiben will ...
Z.B. über ´ne eigentlich phantastische Männerfreundschaft, die noch perfekter sein könnte, wenn der eine Freund jobbedingt nicht ständig mit den verschiedensten Frauen in´s Bett gehen müsste -müsste ist gut!-, während der andere sich aus Vernachlässigung in irgendwelchen `blue-boy-bars´ die Nächte um die Ohren schlagen muss ...

Über sowas singst Du nie !

... dann kann ich mir nicht helfen:
Da sehe ich meinen Manager in meiner Phantasie jedesmal mit Stolz geschwellter Brust in so´nem plüschigen Etablissement in St. Pauli stehen und dem DJ augenzwinkernd eine CD von mir zuschieben. Mit dem Hinweis, dass auf sein Drängen der Leo Greller den Track Nr.5 mit dem Titel `Den einen, den man will - die anderen, die man muss´ extra für seine wenigen Fans in der `Wunderbar´ geschrieben hat.

Wenn Ludo mir mit solchen Wünschen kommt, dann sage ich ihm jedesmal, dass meine CD´s  nicht das richtige Medium für sein Outing durch meine Hintertür sind. Das soll er gefälligst direkt durch den Vordereingang erledigen. Und wenn er dafür ´ne eigene Platte veröffentlichen muss.

Ich bin schließlich nicht Prolo von Rosenheim..

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Hörspiel
'Abgesang auf Leo G.'
Realisiert von Hartmut Lühr
Wegen seiner zahlreichen Eskapaden verläuft die Karriere des Liedermachers Leo Greller nur mäßig erfolgreich. Aus seinem Revier, der Hamburger Reeperbahn, berichten Freunde und Bekannte von seinen Verstrickungen: Seine in erotischer Hinsicht frustrierte Freundin, die Barfrau einer Szenekneipe vom St.Pauli-Kiez, eine ältere Kolumnistin, die ihn verführen will, sein Manager, der sich wie ein Zuhälter aufführt, und ein ehemaliger Schulkamerad, den ein feuchtfröhliches Musikvideo von Greller ziemlich durcheinander bringt. So entsteht die authentische Kurzbiografie eines eigenwilligen Künstlers, der sich an seiner Umwelt reibt, chaotisch ist und es ablehnt, sich vom Medienmarkt korrumpieren zu lassen.
mit Tom Wlaschiha (Klempner), Branka
Hanisch (Kolumnistin), Nina Ernst
(Freundin), Uta V. Kohlenbrenner u.a.

40 Min. | 38 MB | DOWNLOAD / PLAY




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Video
Erster Auftritt von Leo 1986 mit eigener elektronischer Musik in einem Film über fingierten Ladendiebstahl
FILMPREMIERE

Audio plus Video
Nordfeuchtes Skandalvideo (aus 'Gut gebrüllt, Leo!')
SKANDALVIDEO




Alte Leo-Greller-Seiten
Olle Kamelle: Rechtspopulismus ?




Audio plus Video
Aus der Tagebuch Kakophonie eines Mitbegründers der 'Hamburger Schule' deutschsprachiger Popmusik (gesprochen von Dirk Lohmann)
RADIOFRITZEN

Leo Greller ist politisch korrekt
Leo Greller ist politisch korrekt
P.C.-GRELLER




Feedback
Befreundete Initiative Dudelstopp
kritisiert Leos Überlegungen zum
Thema 'politische Korrektheit'.




Provokationskunst mit Leo Greller
Zuschriften, Fotostrecke
Lifestyle-Interview, B-Movie-Interview
Hörfilm, B-Movie-Persiflage








tornado-am-ostkreuz-Flyer, 2005


'Bachelor'-Interview:

(MAGO:)
Eine große Hamburger Tageszeitung hat Dich dieses Frühjahr zusammen mit den Fotos von 19 weiteren Hamburgern als einen der 20 begehrtesten Junggesellen der Hansestadt vorgestellt. Bist Du über diese Art von Publicity glücklich ?

(LEO:)
Unter meinem Foto stand die Berufsbezeichnung `Popsänger´. Das hat mir sehr missfallen. Ich sehe mich selber als echten Liedermacher. Übrigens hat von dieser Zeitung niemand persönlich bei mir angefragt, ob ich wirklich gerade keine Freundin habe. Ich frag´ mich, wie die das so genau wissen wollten.

Dein Ruf wird Dir vorausgeeilt sein.

Gut möglich. Das Badezimmer hier genießt bei meinen weiblichen Fans übrigens auch ´ne gewisse Popularität.

Ich hatte mir hier eigentlich noch die Frage notiert, ob sich Leo Greller selbst für erotisch hält - Aber ich glaub´ die wurde mir spätestens gerade eben beantwortet.

Sorry, ich wollte Dich nicht aus dem Rhytmus bringen.

Fühlt man sich eigentlich als Sexsymbol, wenn die Yellow-Press das eigene Konterfei abdruckt ? Pöseldorfer People-Zeitschrift

Naja, als mein Manager Ludo Kamberlein mir die Zeitungsseite zeigte, lag ich gerade darnieder, weil ich mir aus ´nem Italien-Urlaub ´ne hartnäckige Gelbsucht mitgebracht hatte. In so´nem Zustand macht man sich weniger Gedanken darüber, ob man nun Sex-Appeal ausstrahlt oder nicht. Ich musste wegen dieses Mitbringsels die Aufnahmen zu `Nach dem Regen´ verschieben und auch die geplante Sommertournee fiel erst mal flach. Die kommt jetzt im Winter, als Wintertournee.
In Anbetracht dieses ganzen Ärgers verlor die Junggesellen-Geschichte schnell an Bedeutung für mich.

Was die Zeitungen über Dich schreiben, ist Dir also nicht so wichtig ?

Wenn, dann sollten die lieber was über meine Arbeit schreiben. Um meine privaten Bettgeschichten kümmer´ ich mich schon selber. Auch wenn da vielleicht mal was nachbleibt.

Wie in Italien.

Das kam vom Essen. Hey, was für ein Interview wird das hier eigentlich ?

Das Hängt natürlich nicht zuletzt von Dir ab.
Nächstes Thema: Claudia Dittersdorf, die Deine Freundin in dem berüchtigten Trashmovie `hanseatic necrophile´gespielt hat, ist ja seit diesem Film eine kleine Berühmtheit in der Hamburger Lesbenszene.

Ja, Claudia hat in `hanseatic necrophile´ wirklich voll aufgedreht. Sie hat die harten Actionparts übernommen, für die ja gewöhnlich der männliche Hauptdarsteller zuständig ist. Aber mir war es wichtig, meine Rolle eher musikalisch anzulegen.

Ich erinnere mich: Du hast jede Menge gesungen als Teekoster Theo.

Die Lieder `Der Jungfernstieg schwieg´ und `Lauf, wenn Du kannst´ aus dem Film sind auf meiner neuen CD `Nach dem Regen´ drauf.
Nebenbei: Ich wäre auch gerne bekannter bei den Hamburger Lesben.

Das kommt jetzt eher unvermutet.

Käme es nicht, wenn Du `Sie lieben mich nicht´ auf `Halblang, Kleines !´ gehört hättest. Darin singe ich ja z.B. `Sie lassen mich hier nicht rein / Die Damenbars sind zu für mich / Dabei würd´ ich doch so gern´ / Hier als männliche Gabi verkehren´. Und der Refrain: `Sie sagen, Sie lieben mich nicht / Sie sagen, Sie brauchen mich nicht / Dabei wär´s doch wirklich so einfach / Dabei wär´s doch einfach Pflicht´.

Pause.

Hoffentlich wird´s nochmal was mit den Lesben.

Das hoff´ ich auch. Ich arbeite da nämlich hart dran. Weisst Du: In meine Klasse auf der Realschule gingen mehrere Mädchen, die ich im Verdacht hatte, heimlich gegenseitig aufeinander zu stehen. Ich mache mir da heute ab und zu noch Vorwürfe, dass ich damals nicht stärker zwischen ihnen vermittelt habe.
Deshalb suche ich heute wohl unbewusst die Nähe zu dieser Szene, weil ich glaube, da was wieder gutmachen zu müssen.

Hört sich so gesehen plausibel an. Leo Greller als verhinderter Missionar.

Ich glaube, der Begriff `Missionar´ ist in diesem Kontext leicht vorbelastet.

Stimmt, ´ne unglückliche Metapher.

Aber um noch mal auf das Thema `sexy oder nicht sexy ?´ zurückzukommen: Bringt Ihr denn auch gute Fotos von mir zu dem Interview ?

Also, das Angebot besteht weiterhin: Wenn Dein Agent unserem Magazin noch ein paar brauchbare Bilder von Dir zur Verfügung stellt, könnte ich unseren Chefredakteur vielleicht sogar überreden, Dich auf der Titelseite zu bringen.

Die, die Ludo Euch geschickt hat, waren wirklich nicht OK ?

Nein, da hat Dein Manager leider etwas danebengegriffen.

Ach, Mensch !

Shea Nissios von der Pöseldorfer People-Zeitschrift 'MAGO' interviewte den begehrten Junggesellen Leo GrellerTut mir leid, aber die MAGO versteht sich nun mal im besten Sinne als Lifestyle-Magazin für `ne anspruchsvolle Leserschaft. Das heißt: Auch wenn ein Popsänger in unserer Redaktion als Geheimtip vielleicht total beliebt wär´, und ganz soweit würde ich in diesem Fall nicht gehen, könnten wir trotzdem ihm zuliebe keine dilettantischen Pseudo-Kunstfotos auf dem Titel bringen.

Schade !

Das ist bestenfalls Schülerzeitungsniveau: Leo Greller neben dem Hamburger Fernsehturm, doppeldeutig grinsend mit der Hand im Schritt.

Das ist als Anspielung auf überdimensionierte Phallussymbole gedacht.

Wirklich ?

Ludo meinte zu mir, wenn man die Welt aus einer bestimmten Perspektive heraus betrachtet, dann entdeckt man die Dinger wirklich überall.

Jetzt wird´s schon interessanter: Leo´s Manager reagiert also sensibilisiert auf steingewordene Männlichkeitssymbole ... - Und was ist mit Leo ?

An dem Tag, an dem wir dieses Foto geschossen haben, war ich jedenfalls total fasziniert von dieser Art der bewussten Wahrnehmung. Ich find´, das muss nicht gleich was Homoerotisches haben.

War Dir diese Feststellung jetzt wichtig ?

Ich möchte da nur vorbeugen. Nicht, dass das Interview jetzt irgendwelche Untertöne bekommt, die nicht korrekt wären. Ich fühle mich jedenfalls immer total wohl, wenn mein Agent mich auf irgendwelche schwulen Partys mitschleppt. Da kann ich mich meistens richtig gut unterhalten. Dieses Rumgebaggere von weiblichen Fans oder von Frauen, die mich halt erkennen, fällt weg.

Ach - Und von schwuler Seite ist Leo Greller keinen Annäherungsversuchen ausgesetzt ?

Das funktioniert gut: Ludo hat da so ein T-Shirt für mich, wo dick `hetero´ draufsteht.

Und wo `hetero´ draufsteht, ist auch hetero drin !

Und kommt auch nur `hetero´ dran.

Gut zu wissen.

Das würde umgekehrt nicht laufen: Auf ´ner Party mit netten Mädels und ´nem T-Shirt mit `hab ´ne Freundin und bin treu´ drauf - Das würde Frau mir ja doch nicht abkaufen !

Sollte sie denn ?

Also, echt schade, dass Ihr das Bild von mir und dem `langen Hamburger´ nicht bringen wollt !

Normalerweise haben wir ja unsere egenen Fotografen, die uns die Bilder liefern wollen, die wir haben wollen.

Ich weiss, aber da ist Ludo nun mal eigen: Er ist der einzige, der mich fotografieren darf, was mich als Sänger anbelangt. Das musste ich ihm versprechen.

Hört sich nach einer wunderbaren Männerfreundschaft an !

Du wirst mir jetzt ehrlich gesagt zu ironisch mit Deinen Kommentaren.

Wollen wir das Interview an dieser Stelle beenden ?

Is´ recht !



Leo Greller in 'Hanseatic Necrophile'
Unverfilmbares Script

Hörfilm: Hanseatic-Necrophile

Also: `Hanseatic Necrophile´. Wir haben den 1998 gedreht im Herbst. Ich hab´ die männliche Hauptrolle gespielt. Naja, so männlich war die eigentlich gar nicht, werden Sie bald merken.

Das war auch der Grund dafür, dass Benny Blocher aus dem Filmprojekt ausgestiegen ist. Der sollte ja eigentlich die Hauptrolle spielen. Aber als er das Drehbuch gelesen hat, bekam er wohl Angst um sein Image.

Die erste Szene spielt in der Hamburger Speicherstadt. Dieses elegante backsteinrote Relikt aus der Kaiserzeit. Wo die ganzen Teppichhändler und Im- und Exportfirmen ihre Lager haben.

In einem dieser Speicherhäuser hat eine kleine Teeimport-Firma ihre Niederlassung. Um die Qualität der Ware aus Indien und China zu gewährleisten, müssen die Lieferungen natürlich regelmäßig überprüft werden.

Das ist die Aufgabe des firmeneigenen Teekosters. Von mir. Also im Film Theo. Teekoster Theo. Ich bin ziemlich aufgegangen in der Rolle.

Erst einmal trinke ich selber gerne Tee. Und die Hamburger Hafenstadt hat schon immer meine Fantasie beflügelt. Da brauchte mich Eike –unser Produzent Eike Melldorf- also nicht zweimal fragen als ich für Benny einspringen sollte.

Gut: Der Film fängt mit ein paar schönen Fassadenaufnahmen der Speichercity an. Untermalt mit klassischer Klimpermusik. Händel, glaube ich. Dann wechselt die Kamera in eines der Speicherhäuser. Eben zu mir in meine Arbeitsstätte, wo ich alleine bin.

Die Kamera hält auf mich während ich meinem Tageswerk nachgehe. Die schön in eine Reihe gestellten Teetassen mit ihrem dampfenden Inhalt. Und ich, wie ich mich ruhig einer nach der anderen widme. Wenn ich gerade mal keinen Tee im Mund habe, dann pfeife ich zufrieden ein kleines Lied. Die Szene dauert ungefähr 5 Minuten. So ein Film kann natürlich nur einen Ausschnitt bringen. Dann eine Aufnahme der alten Wanduhr. Halb vier. Feierabend.

Ich packe meine Sachen zusammen, stelle die Teetassen in die Spüle und verlasse das Speicherhaus. Danach noch mal 5 Minuten mich bei der Arbeit am nächsten Tag und schließlich noch mal 5 Minuten am darauf folgenden Tag, wo die eigentliche Handlung beginnt.

Ein paar Leute haben gemosert, dass diese Arbeitseinstellungen zu Beginn des Films etwas eintönig auf die Zuschauer wirken, aber Eike hat natürlich gewusst, was er damit bezweckt. Dass er nämlich die Routine in meinem Leben unterstreicht, in dem ich tagtäglich das selbe tue, wie Millionen andere Angestellte auch und ich natürlich im Kopf schon ziemlich abgestumpft sein muss.

Leo Greller in 'Hanseatic Necrophile' Und am dritten Tag passiert schließlich etwas. Ich pfeife fröhlich zu dem Klaviersonett im Radio während ich die Teeprobe für den letzten Testgang an diesem Nachmittag abwasche – Auf einmal wird das Musikprogramm schlagartig unterbrochen. Ich komme richtig aus´m Tüddel. Eine gesetzte Frauenstimme erklärt, dass der Katastrophenstab des Senats zu einer Krisensitzung im Rathaus zusammengekommen ist und dass wir Zuhörer gleich Genaueres erfahren werden.

Es ist immerhin kurz vor Arbeitsende. Also lässt sich Theo in seinem Arbeitsablauf nicht beirren und nimmt noch einen großen Schluck Tee während der Reporter vor Ort durch das Radio verkündet, dass ein Flugzeug, das auf dem Anflug zur Airbus-Werft in --- war, auf das nahegelegene Kernkraftwerk Stade im Alten Land bei Hamburg abgestürzt ist. Ein Supergau sei zu befürchten.

Theo spuckt erschrocken den Tee aus, lässt die Tasse fallen und muss sich auf seinem Arbeitstisch abstützen. Er ertappt sich selber kurz bei einigen schadenfrohen Gedanken `So, jetzt ist also endlich mal eine umweltzerstörende Maschine voller Wichtigtuer abgeschmiert. Das hat sicher für ein paar Wochen `ne abschreckende Wirkung auf die Billigflieger ! Auf die Grünen ist in der Hinsicht ja kein Verlass ... ´ oder auch `Wie gut, dass ich nicht in dem Flugzeug saß ! Und wie gut, dass ich wegen meiner Flugangst sowieso nie fliege !´.

Aber dann dachte er an den Schaden, den seine schöne Heimatstadt Hamburg durch einen radioaktiven Supergau nehmen würde und ... entsetzt wurde ihm klar: Sein Mädchen war ja in Gefahr. Elke besserte doch ihren Lebensunterhalt im Herbst als Erntehelferin für die Äpfel aus dem Alten Land bei Hamburg auf !

Elke – seine Freundin. Ein junges Ding, das sich tatsächlich mit ihm abgab. Dass er als Teekoster keine übertrieben hohen Ansprüche an das weibliche Geschlecht stellen konnte, war ihm im Grunde seines Herzens klar. Und so hatte er sich seine Beziehung mit der klugen aber nicht besonders hübschen Soziologiestudentin immer wieder erfolgreich schöngeredet und -getrunken.

Nichtsdestotrotz – Sie war seine Freundin. Und wahrscheinlich brauchte sie jetzt seine Hilfe. Sie war nämlich immer auf ihrem Fahrrad in´s alte Land gefahren ...


Hörspiel-Interview
'Bachelor-Interview Leo G.'
In diesem Interview geht es um vermeintlichen Sexappeal, die erstaunlichen Vorzüge schwuler Parties für heterosexuelle Liedermacher, lästige Reisesouvenirs sowie andere mehr oder weniger gewichtige Dinge, die lifestylemäßig von Relevanz sein könnten.
mit Shea Nissios ('Mago'-Magazin)
7:14 Min. | 3 MB | DOWNLOAD/PLAY




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Die Greller-Homepage von 2004 bis 2009
Die Greller-Homepage von 2004 bis 2009
junger LEO GRELLER

Audio plus Video
Nordfeuchtes Skandalvideo (aus 'Gut gebrüllt, Leo!')
SKANDALVIDEO




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Prince Charming, Junggeselle.





Lesung
Lesung von Leo Greller (1/2) - Mediensatire
TEIL1

Lesung
Lesung von Leo Greller (2/2)
TEIL2





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Bachelor Chair





Video
Erster Auftritt von Leo 1986 mit eigener elektronischer Musik in einem Film über fingierten Ladendiebstahl
FILMPREMIERE

Leo Greller ist politisch korrekt
Leo Greller ist politisch korrekt
P.C.-GRELLER





Leo Grellers überhaupt nicht halbseidener Manager Ludo Kamberlein




Michaela Peinrich vom Pöseldorfer People-Magazin 'MAGO' führte auf dem Beckenrand einer Badewanne
sitzend ein Interview mit dem Liedermacher Leo Greller über die sogenannte 'Hamburger Schule'
deutschsprachiger Popmusik sowie einen Norddeutschen Anti-AKW-Undergroundfilm.




'Badewannen'-Interview:

(MAGO:)
Ich stell´ das Mikro mal ein bißchen weiter weg von der Wanne. Dann wird der Ton zwar vermutlich schlechter, aber wenn das teure Ding in´s Badewasser fällt, muss ich es bezahlen.

(LEO:)
Und wenn Du reinfällst ?

Das riskier´ ich. Moment bitte !
in´s Mikrofon: Michaela Peinrich für `MAGO´, Interview mit Leo Greller ...

Ich hoff´, Du sitzt bequem auf dem Beckenrand ?

Bequem ist nicht das richtige Wort. Aber einmal ist halt´ immer das erste Mal.

Das Bad wurde leider dringend nötig. Darauf konnt´ ich nicht verzichten. Pöseldorfer People-Zeitschrift

Schon gut ! Einen Moment brauch´ ich bitte noch -
in´s Mikrofon wiederholend: Interview mit Leo Greller, Arbeitsüberschrift `Die Hamburger Schule bittet zum Bad´.

Ach, nö !

Nicht gut ? Wie wär´s mit `Die Hamburger Schule geht baden´ ?

Nix mit Schule, bitte !

Alternativen ?

`Eine entlarvende Homestory über den badenden Bänkelsänger Leo Greller´ ?

Ich sprech das erst mal nur auf Band für unsere Schreibkraft. Der Übersicht halber; in´s Mikro: Gespräch vom dritten September Neunundneunzig.

Da herrscht ja Ordnung !

Sonst kann schnell mal was schiefgehen. `Ne Kollegin von mir hat schon mal aus Versehen ein Interview mit unserem Bürgermeister überspielt; Mit `nem Gespräch mit ´nem bekannten Arzt für unsere Medizinserie in Sachen Enuresis. Das passierte nur, weil sie das Band nicht richtig markiert hatte.

Enuresis ?

Bettnässen.

Ist mir auch schon mal passiert. Nicht das mit dem Bettnässen - Das mit dem Überspielen: Ich hatte den genialsten, superinspiriertesten und respektlosesten Song meiner Karriere aufgenommen, `Nie wieder Lufthans´. So ein Lied voller Fernweh ...

Das kenn´ ich gar nicht.

Weil Manuela damals die Kassette gelöscht hat. Das war letztes Jahr. Da war ich noch mit ihr zusammen. Und sie hat die Kassette mit ´ner geliehenen CD von Chris de Burgh überspielt. Aus Versehen, wie sie sagte.

Oh, nein !

Ich hatte zwar alles noch im Speicher und die Texte auch noch irgendwo. Aber die erste Aufnahme war einfach perfekt gelungen. So ein Meisterwerk kann man nicht wiederholen. Das wäre respektlos. Gegenüber einem selbst. Und außerdem entsteht so Stoff für die Legendenbildung ...

Hast Du Dich wegen dieser Sache von Deiner Freundin getrennt ?

bedeutungsvoll: Nein, das war wegen was anderem.

Mir gefällt der Druck da neben dem Badezimmerschrank. Ist der von Renoir ?

Das sind die `Akte am Flussufer´ von Cezanne. Der Fleck da am Rand ist nicht´s Schlimmes.

Bist Du ein maritimer Typ ?

Ich steh´ total auf Wasser: Ich leb´ in ´ner Hafenstadt; Ich geh´ 2 mal pro Woche schwimmen -meistens-; Und ich bade auch total gerne.

Offensichtlich !

unter der Wasseroberfläche: Blubb bla blubber blubb blubb !

Wie bitte ?

Konnte man das nicht verstehen ?

Leider nein. Ist irgendwie untergegangen.

Ich sagte gerade: `Schließlich kommt ja auch alles Leben aus dem Wasser´.

Sicher. Jetzt aber doch noch ein Wort zur `Hamburger Schule´, bitte.

Ein Wort ? Strapaziös.

O.K., die Frage war etwas nachlässig formuliert. Bekomme ich vielleicht trotzdem noch eine längere Äußerung vom Wortakrobaten Leo Greller ?

überdrüssig: Zur `Hamburger Schule´ ?

Das wäre nett.

Nur, wenn Du mir die Seife reichst.

Da fasse ich jetzt nicht rein.

greift sich die Seife selber: Ich werde wirklich in fast jedem Gespräch mit Journalisten auf dieses Label der `Hamburger Schule´ angesprochen. Für die einzelnen Leute, die es beschreiben soll, ist es meiner Meinung nach genauso wenig aussagekräftig, wie z.B. der `Club of Rome´ oder die `Schwestern der perpetuellen Indulgenz´. Oder die `Weight Watchers´.

Ich glaube, ich hab´ verstanden, was Du meinst.

Nach unserem Oberlehrer, Herrn `Studienrat´ Begemann, umfasst die `Hamburger Schule´ Musiker, die `...in verständlicher Sprache über Dinge singen, die nachvollziehbar sind.´, also weniger artifizielle oder ironische Lieder.

Das trifft in der Tat auf viele Deiner Lieder zu.

Stimmt schon.

Du und Dein Manager ...

Ludo.

Michaela Peinrich von der Pöseldorfer People-Zeitschrift 'MAGO' interviewte den badenden Liedermacher Leo GrellerJa, Ludo Kamberlein - Ihr hattet in letzter Zeit einigen Ärger mit der Presse. Insbesondere eine bekannte Winterhuder Kollegin von mir lässt ja seit Neuestem weder ein gutes Haar an Deinen Veröffentlichungen noch an Deinen sonstigen Aktionen. Würdest Du Dich wegen solcher Dinge als publicitygeschädigt bezeichnen ?

Nicht direkt. Nein, eher nicht. Oft genug profitiere ich schließlich auch von der Presse. Dein Magazin ist ja auch immer mal wieder nett zu mir und kramt mich aus der Klamottenkiste hervor ...

Wie bildlich !

Was soll´s: Presse hin, Presse her, in erster Linie bin ich natürlich Musiker.

Musiker, Provokateur, Schauspieler, Autor ...

Nach Musiker kommt erst mal `ne ganze Weile nichts. `Ne verlängerte Pinkelpause sozusagen ... .

Und was käme als nächstes ? Du hast doch z.B. in diesem Film mitgespielt.

Ja, das mit der Schauspielerei musste ich einfach mal ausprobieren.

Also, Du hattest vorletztes Jahr in `hanseatic necrophilic´, ´nem B-Movie von Eike Melldorf die männliche Hauptrolle. In dem wird Hamburg total verstrahlt, radioaktiv. Durch einen Unfall im Atomkraftwerk von ... Krümmel ?

Stade.

Ich verwechsle die immer.

Krümmel liegt südwestlich von Hamburg und Stade nordöstlich.

Ich hab´ mir den Film damals mit ´ner Freundin angeschaut. Die fand es ziemlich geschmacklos, als die verstrahlten Atomzombies mordend und brandschatzend über den Jungfernstieg gezogen sind.

Ein todlustiger Film.

Planst Du denn eigentlich, in weiteren Filmen mitzuspielen ?

Ich muss erst noch verdauen, wie mies `hanseatic necrophile´ von der Presse behandelt worden ist. Vor allem auch von den Studentenblättern. Denen ist scheinbar der Sinn für subtile Ironie total abhanden gekommen.

Es sieht so aus, als säße der Stachel wirklich tief. Hältst Du Deine Arbeit vielleicht grundsätzlich für unterbewertet ?

Nein, ich beziehe mich jetzt nur auf den Film. Weisst Du, da haben so viele Leute dran mitgeschuftet. Und Eike war so stolz auf sein Werk - Er meinte damals, dass er mit diesem überdrehten Atommovie gerade seine persönliche `Steinbeck-Phase´ durchleben würde.

Tatsächlich ? Also, ich erinnere mich, dass sich die in unserer Redaktion, die ihn damals gesehen hatten, selten einig waren in der Ablehnung dieses Films.

Die Leute sind an `necrophilic hanseatic´ nicht richtig rangegangen. Nicht locker genug. Wenn Du da wegen des Themas `Atom-Supergau´ schon von vornherein mit so´ner `Bäh´-Haltung in´s Kino gehst ...

Mit was für ´ner Haltung ?

Wenn man den Film von Anfang an aus ´ner `I´-Position anschaut ...

Aus `ner intellektuellen ?

Aus ´ner `Igitt´-Position - Dann kann man natürlich gar nicht richtig entspannen und das Werk einfach auf sich einwirken lassen.

Du warst also unzufrieden über den mangelnden Erfolg ?

Es hätte mich schon gefreut, wenn wir mit unserem Film ein bißchen mehr Anerkennung eingeheimst hätten - Es ums ja nicht gleich das Prädikat `wertvoll´ sein; Irgend ´ne kleine Auszeichnung tut´s ja oft auch schon.
Ich meine, sogar Kleingartenvereine bekommen hin und wieder Preise.

Und erfolgreiche Musiker, sprechen wir´s doch ruhig mal aus !

Für meine Lieder brauche ich keine Anerkennung. Die Tatsache, dass sie veröffentlicht werden und dass über sie geschrieben wird, ist schließlich schon Bestätigung genug.

Das klingt vernünftig. Und angenehm bescheiden, wenn ich das hinzufügen darf.

Ich will das alles wirklich nicht zu hoch hängen, denn ich möchte auch nicht, dass die Leute meine Musik zu ernst nehmen; Dass sie sich bei jedem Lied diese `Was will uns der Sänger damit sagen ?´-Frage stellen. Bitte nicht ! Das wäre in meinen Augen ´ne falsche Ehrfurcht.

Ich find´, das war ein schönes Schlusswort für Deine Fans unter unseren Lesern.

Ja, ich muss langsam raus aus der Wanne. Mir geht´s nämlich allmählich wie Dr. Klöbner.

Wie wem ?

Dem Knollennasenmännchen aus Loriot´s Badewannensketch: Der bekam zum Schluss auch ganz verschrumpelte Finger.

Und das wollen wir doch nicht !

Ich befürchte, es ist schon zu spät. Bekomme ich eigentlich ´n Stromschlag, wenn uns Dein Mikro in die Wanne fällt ?

Dafür reicht wahrscheinlich die Spannung nicht aus. Es würde dann, glaube ich, außerdem auch kaputt gehen.

Und das wollen wir doch auch nicht. Gibst Du mir mal das Handtuch ?



Leo Greller über die Hamburger B-Movie-Persiflage 'Hanseatic Necrophile':

Also: `Hanseatic Necrophile´. Wir haben den 1998 gedreht im Herbst. Ich hab´ die männliche Hauptrolle gespielt. Naja, so männlich war die eigentlich gar nicht, werden Sie bald merken.

Das war auch der Grund dafür, dass Benny Blocher aus dem Filmprojekt ausgestiegen ist. Der sollte ja eigentlich die Hauptrolle spielen. Aber als er das Drehbuch gelesen hat, bekam er wohl Angst um sein Image.

Die erste Szene spielt in der Hamburger Speicherstadt. Dieses elegante backsteinrote Relikt aus der Kaiserzeit. Wo die ganzen Teppichhändler und Im- und Exportfirmen ihre Lager haben.

In einem dieser Speicherhäuser hat eine kleine Teeimport-Firma ihre Niederlassung. Um die Qualität der Ware aus Indien und China zu gewährleisten, müssen die Lieferungen natürlich regelmäßig überprüft werden.

Das ist die Aufgabe des firmeneigenen Teekosters. Von mir. Also im Film Theo. Teekoster Theo. Ich bin ziemlich aufgegangen in der Rolle.

Erst einmal trinke ich selber gerne Tee. Und die Hamburger Hafenstadt hat schon immer meine Fantasie beflügelt. Da brauchte mich Eike –unser Produzent Eike Melldorf- also nicht zweimal fragen als ich für Benny einspringen sollte.

Gut: Der Film fängt mit ein paar schönen Fassadenaufnahmen der Speichercity an. Untermalt mit klassischer Klimpermusik. Händel, glaube ich. Dann wechselt die Kamera in eines der Speicherhäuser. Eben zu mir in meine Arbeitsstätte, wo ich alleine bin.

Die Kamera hält auf mich während ich meinem Tageswerk nachgehe. Die schön in eine Reihe gestellten Teetassen mit ihrem dampfenden Inhalt. Und ich, wie ich mich ruhig einer nach der anderen widme. Wenn ich gerade mal keinen Tee im Mund habe, dann pfeife ich zufrieden ein kleines Lied. Die Szene dauert ungefähr 5 Minuten. So ein Film kann natürlich nur einen Ausschnitt bringen. Dann eine Aufnahme der alten Wanduhr. Halb vier. Feierabend.

Ich packe meine Sachen zusammen, stelle die Teetassen in die Spüle und verlasse das Speicherhaus. Danach noch mal 5 Minuten mich bei der Arbeit am nächsten Tag und schließlich noch mal 5 Minuten am darauf folgenden Tag, wo die eigentliche Handlung beginnt.

Ein paar Leute haben gemosert, dass diese Arbeitseinstellungen zu Beginn des Films etwas eintönig auf die Zuschauer wirken, aber Eike hat natürlich gewusst, was er damit bezweckt. Dass er nämlich die Routine in meinem Leben unterstreicht, in dem ich tagtäglich das selbe tue, wie Millionen andere Angestellte auch und ich natürlich im Kopf schon ziemlich abgestumpft sein muss.

Und am dritten Tag passiert schließlich etwas. Ich pfeife fröhlich zu dem Klaviersonett im Radio während ich die Teeprobe für den letzten Testgang an diesem Nachmittag abwasche – Auf einmal wird das Musikprogramm schlagartig unterbrochen. Ich komme richtig aus´m Tüddel. Eine gesetzte Frauenstimme erklärt, dass der Katastrophenstab des Senats zu einer Krisensitzung im Rathaus zusammengekommen ist und dass wir Zuhörer gleich Genaueres erfahren werden.

Es ist immerhin kurz vor Arbeitsende. Also lässt sich Theo in seinem Arbeitsablauf nicht beirren und nimmt noch einen großen Schluck Tee während der Reporter vor Ort durch das Radio verkündet, dass ein Flugzeug, das auf dem Anflug zur Airbus-Werft in --- war, auf das nahegelegene Kernkraftwerk Stade im Alten Land bei Hamburg abgestürzt ist. Ein Supergau sei zu befürchten.

Theo spuckt erschrocken den Tee aus, lässt die Tasse fallen und muss sich auf seinem Arbeitstisch abstützen. Er ertappt sich selber kurz bei einigen schadenfrohen Gedanken `So, jetzt ist also endlich mal eine umweltzerstörende Maschine voller Wichtigtuer abgeschmiert. Das hat sicher für ein paar Wochen `ne abschreckende Wirkung auf die Billigflieger ! Auf die Grünen ist in der Hinsicht ja kein Verlass ... ´ oder auch `Wie gut, dass ich nicht in dem Flugzeug saß ! Und wie gut, dass ich wegen meiner Flugangst sowieso nie fliege !´.

Aber dann dachte er an den Schaden, den seine schöne Heimatstadt Hamburg durch einen radioaktiven Supergau nehmen würde und ... entsetzt wurde ihm klar: Sein Mädchen war ja in Gefahr. Elke besserte doch ihren Lebensunterhalt im Herbst als Erntehelferin für die Äpfel aus dem Alten Land bei Hamburg auf !

Elke – seine Freundin. Ein junges Ding, das sich tatsächlich mit ihm abgab. Dass er als Teekoster keine übertrieben hohen Ansprüche an das weibliche Geschlecht stellen konnte, war ihm im Grunde seines Herzens klar. Und so hatte er sich seine Beziehung mit der klugen aber nicht besonders hübschen Soziologiestudentin immer wieder erfolgreich schöngeredet und -getrunken.

Nichtsdestotrotz – Sie war seine Freundin. Und wahrscheinlich brauchte sie jetzt seine Hilfe. Sie war nämlich immer auf ihrem Fahrrad in´s alte Land gefahren …

Hörspiel-Interview
'Badewannen-Interview Leo G.'
An einem gemütlichen Septembernachmittag führte Michaela Peinrich auf dem Beckenrand einer Badewanne sitzend ein Interview mit dem Liedermacher Leo Greller. Michaela musste während des Interviews ständig darauf achten, dass ihr das Mikrofon nicht in's Badewasser fiel.
mit Michaela Peinrich ('Mago'-Magazin)
8:54 Min. | 3 MB | DOWNLOAD/PLAY




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Die Greller-Homepage von 2004 bis 2009
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Lesung von Leo Greller (1/2) - Mediensatire
TEIL1

Lesung
Lesung von Leo Greller (2/2)
TEIL2





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Erster Auftritt von Leo 1986 mit eigener elektronischer Musik in einem Film über fingierten Ladendiebstahl
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Leo Greller ist politisch korrekt
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Leo Greller | Hamburger Liedermacher, Aussteiger und sanfter Poprebell [Satire]