'Badewannen'-Interview:
(MAGO:)
Ich stell´ das Mikro mal ein bißchen
weiter weg von der Wanne. Dann wird der Ton zwar vermutlich schlechter,
aber wenn das teure Ding in´s Badewasser fällt, muss ich
es bezahlen.
(LEO:)
Und wenn Du reinfällst ?
Das riskier´ ich. Moment bitte !
in´s Mikrofon: Michaela Peinrich für `MAGO´,
Interview mit Leo Greller ...
Ich hoff´, Du sitzt bequem auf dem Beckenrand ?
Bequem ist nicht das richtige Wort. Aber einmal ist halt´ immer
das erste Mal.
Das Bad wurde leider dringend nötig. Darauf konnt´ ich nicht
verzichten.
Schon gut ! Einen Moment brauch´ ich bitte noch -
in´s Mikrofon wiederholend: Interview mit Leo Greller,
Arbeitsüberschrift `Die Hamburger Schule bittet zum Bad´.
Ach, nö !
Nicht gut ? Wie wär´s mit `Die Hamburger Schule geht baden´
?
Nix mit Schule, bitte !
Alternativen ?
`Eine entlarvende Homestory über den badenden Bänkelsänger Leo
Greller´ ?
Ich sprech das erst mal nur auf Band für unsere Schreibkraft.
Der Übersicht halber; in´s Mikro: Gespräch vom dritten
September Neunundneunzig.
Da herrscht ja Ordnung !
Sonst kann schnell mal was schiefgehen. `Ne Kollegin von mir hat
schon mal aus Versehen ein Interview mit unserem Bürgermeister überspielt;
Mit `nem Gespräch mit ´nem bekannten Arzt für unsere Medizinserie
in Sachen Enuresis. Das passierte nur, weil sie das Band nicht richtig
markiert hatte.
Enuresis ?
Bettnässen.
Ist mir auch schon mal passiert. Nicht das mit dem Bettnässen -
Das mit dem Überspielen: Ich hatte den genialsten, superinspiriertesten
und respektlosesten Song meiner Karriere aufgenommen, `Nie wieder Lufthans´.
So ein Lied voller Fernweh ...
Das kenn´ ich gar nicht.
Weil Manuela damals die Kassette gelöscht hat. Das war letztes
Jahr. Da war ich noch mit ihr zusammen. Und sie hat die Kassette mit ´ner
geliehenen CD von Chris de Burgh überspielt. Aus Versehen, wie sie
sagte.
Oh, nein !
Ich hatte zwar alles noch im Speicher und die Texte auch noch irgendwo.
Aber die erste Aufnahme war einfach perfekt gelungen. So ein Meisterwerk
kann man nicht wiederholen. Das wäre respektlos. Gegenüber einem
selbst. Und außerdem entsteht so Stoff für die Legendenbildung
...
Hast Du Dich wegen dieser Sache von Deiner Freundin getrennt ?
bedeutungsvoll: Nein, das war wegen was anderem.
Mir gefällt der Druck da neben dem Badezimmerschrank. Ist der
von Renoir ?
Das sind die `Akte am Flussufer´ von Cezanne. Der Fleck da
am Rand ist nicht´s Schlimmes.
Bist Du ein maritimer Typ ?
Ich steh´ total auf Wasser: Ich leb´ in ´ner Hafenstadt;
Ich geh´ 2 mal pro Woche schwimmen -meistens-; Und ich bade auch
total gerne.
Offensichtlich !
unter der Wasseroberfläche: Blubb bla blubber blubb
blubb !
Wie bitte ?
Konnte man das nicht verstehen ?
Leider nein. Ist irgendwie untergegangen.
Ich sagte gerade: `Schließlich kommt ja auch alles Leben aus dem
Wasser´.
Sicher. Jetzt aber doch noch ein Wort zur `Hamburger Schule´,
bitte.
Ein Wort ? Strapaziös.
O.K., die Frage war etwas nachlässig formuliert. Bekomme ich
vielleicht trotzdem noch eine längere Äußerung vom Wortakrobaten
Leo Greller ?
überdrüssig: Zur `Hamburger Schule´ ?
Das wäre nett.
Nur, wenn Du mir die Seife reichst.
Da fasse ich jetzt nicht rein.
greift sich die Seife selber: Ich werde wirklich in fast
jedem Gespräch mit Journalisten auf dieses Label der `Hamburger Schule´
angesprochen. Für die einzelnen Leute, die es beschreiben soll, ist
es meiner Meinung nach genauso wenig aussagekräftig, wie z.B. der
`Club of Rome´ oder die `Schwestern der perpetuellen Indulgenz´.
Oder die `Weight Watchers´.
Ich glaube, ich hab´ verstanden, was Du meinst.
Nach unserem Oberlehrer, Herrn `Studienrat´ Begemann, umfasst
die `Hamburger Schule´ Musiker, die `...in verständlicher Sprache
über Dinge singen, die nachvollziehbar sind.´, also weniger
artifizielle oder ironische Lieder.
Das trifft in der Tat auf viele Deiner Lieder zu.
Stimmt schon.
Du und Dein Manager ...
Ludo.
Ja, Ludo Kamberlein - Ihr hattet in letzter Zeit einigen Ärger
mit der Presse. Insbesondere eine bekannte Winterhuder Kollegin von mir lässt ja seit Neuestem weder ein gutes Haar an Deinen Veröffentlichungen
noch an Deinen sonstigen Aktionen. Würdest Du Dich wegen solcher Dinge
als publicitygeschädigt bezeichnen ?
Nicht direkt. Nein, eher nicht. Oft genug profitiere ich schließlich
auch von der Presse. Dein Magazin ist ja auch immer mal wieder nett zu
mir und kramt mich aus der Klamottenkiste hervor ...
Wie bildlich !
Was soll´s: Presse hin, Presse her, in erster Linie bin ich natürlich
Musiker.
Musiker, Provokateur, Schauspieler, Autor ...
Nach Musiker kommt erst mal `ne ganze Weile nichts. `Ne verlängerte
Pinkelpause sozusagen ... .
Und was käme als nächstes ? Du hast doch z.B. in diesem
Film mitgespielt.
Ja, das mit der Schauspielerei musste ich einfach mal ausprobieren.
Also, Du hattest vorletztes Jahr in `hanseatic necrophile´,
´nem B-Movie von Eike Melldorf die männliche Hauptrolle. In
dem wird Hamburg total verstrahlt, radioaktiv. Durch einen Unfall im Atomkraftwerk
von ... Krümmel ?
Stade.
Ich verwechsle die immer.
Krümmel liegt südwestlich von Hamburg und Stade nordöstlich.
Ich hab´ mir den Film damals mit ´ner Freundin angeschaut.
Die fand es ziemlich geschmacklos, als die verstrahlten Atomzombies mordend
und brandschatzend über den Jungfernstieg gezogen sind.
Ein todlustiger Film.
Planst Du denn eigentlich, in weiteren Filmen mitzuspielen ?
Ich muss erst noch verdauen, wie mies `hanseatic necrophile´
von der Presse behandelt worden ist. Vor allem auch von den Studentenblättern.
Denen ist scheinbar der Sinn für subtile Ironie total abhanden gekommen.
Es sieht so aus, als säße der Stachel wirklich tief. Hältst
Du Deine Arbeit vielleicht grundsätzlich für unterbewertet ?
Nein, ich beziehe mich jetzt nur auf den Film. Weisst Du, da haben
so viele Leute dran mitgeschuftet. Und Eike war so stolz auf sein Werk
- Er meinte damals, dass er mit diesem überdrehten Atommovie
gerade seine persönliche `Steinbeck-Phase´ durchleben würde.
Tatsächlich ? Also, ich erinnere mich, dass sich die in
unserer Redaktion, die ihn damals gesehen hatten, selten einig waren in
der Ablehnung dieses Films.
Die Leute sind an `necrophilic hanseatic´ nicht richtig rangegangen.
Nicht locker genug. Wenn Du da wegen des Themas `Atom-Supergau´ schon
von vornherein mit so´ner `Bäh´-Haltung in´s Kino
gehst ...
Mit was für ´ner Haltung ?
Wenn man den Film von Anfang an aus ´ner `I´-Position anschaut
...
Aus `ner intellektuellen ?
Aus ´ner `Igitt´-Position - Dann kann man natürlich
gar nicht richtig entspannen und das Werk einfach auf sich einwirken lassen.
Du warst also unzufrieden über den mangelnden Erfolg ?
Es hätte mich schon gefreut, wenn wir mit unserem Film ein bißchen
mehr Anerkennung eingeheimst hätten - Es ums ja nicht gleich das Prädikat
`wertvoll´ sein; Irgend ´ne kleine Auszeichnung tut´s
ja oft auch schon.
Ich meine, sogar Kleingartenvereine bekommen hin und wieder Preise.
Und erfolgreiche Musiker, sprechen wir´s doch ruhig mal aus
!
Für meine Lieder brauche ich keine Anerkennung. Die Tatsache, dass
sie veröffentlicht werden und dass über sie geschrieben
wird, ist schließlich schon Bestätigung genug.
Das klingt vernünftig. Und angenehm bescheiden, wenn ich das
hinzufügen darf.
Ich will das alles wirklich nicht zu hoch hängen, denn ich möchte
auch nicht, dass die Leute meine Musik zu ernst nehmen; Dass
sie sich bei jedem Lied diese `Was will uns der Sänger damit sagen
?´-Frage stellen. Bitte nicht ! Das wäre in meinen Augen ´ne
falsche Ehrfurcht.
Ich find´, das war ein schönes Schlusswort für
Deine Fans unter unseren Lesern.
Ja, ich muss langsam raus aus der Wanne. Mir geht´s nämlich
allmählich wie Dr. Klöbner.
Wie wem ?
Dem Knollennasenmännchen aus Loriot´s Badewannensketch: Der
bekam zum Schluss auch ganz verschrumpelte Finger.
Und das wollen wir doch nicht !
Ich befürchte, es ist schon zu spät. Bekomme ich eigentlich
´n Stromschlag, wenn uns Dein Mikro in die Wanne fällt ?
Dafür reicht wahrscheinlich die Spannung nicht aus. Es würde
dann, glaube ich, außerdem auch kaputt gehen.
Und das wollen wir doch auch nicht. Gibst Du mir mal das Handtuch
?