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Anmerkungen eines Lesers vom 25.07.2007: (es handelt sich nachfolgend jeweils um die legitimierte Veröffentlichung von Privatkorrespondenz - diese Seite hatte und hat KEINE Kommentarfunktion) ... ich habe mit totalem Interesse Deine Anmerkungen zum heutigen Produktionsstatus von Hörspielen gelesen, in denen Du die Präsentation von Synchronsprechern als "Stimme von..." auf den Verpackungen von CDs als Trend anprangerst. D'accord! Das ist tatsächlich etwas, was bereits skurrile Ausmaße annimmt und dem Hörspiel als "Kunstwerk" eigentlich nicht mehr gerecht wird. Man zwingt der Fantasie beim Hören bereits die Bilder von "Bruce Willis" und Co. auf. Dann folgt aber der Satz "Dass es sich bei den Synchronsprechern häufig um talentierte Imitatoren, nicht jedoch um Profis im Erzeugen subtiler Bilder und Stimmungen in den Köpfen der Hörspielhörer handelt, scheint hierbei zweitrangig." Au weiha.... talentierte Imitatoren.....??? Das ist heftig. Viele Synchronsprecher sind genau wie normale Schauspieler durch Schauspielschulen und Sprechunterricht gegangen, wie sich das gehört. Selbstverständlich gibt es auch Sprecher, die durch Beziehungen in das Metier reingerutscht sind. Dies findet man jedoch auch im Schauspielbereich. Darin unterscheiden sich diese beiden Genres kaum. Aber "talentierte Imitatoren"? Was soll das heißen? Imitieren Schauspieler nicht auch Emotionen auf der Bühne? Ich bin selber mit Amateurproduktionen in die Hörspielbranche reingerutscht. Und diesen Frühling habe ich meine Ersparnisse zusammengekratzt und mir den Traum erfüllt, einmal mit Synchronsprechern in Berlin Hörspiele aufzunehmen. Ich habe erleben dürfen, wie solche Profis arbeiten. Das Hörspiel zwingt diese Leute dazu, zu SCHAUSPIELERN. Da gibt es kein Bild, keine Vorlage, die sie nur nachspielen müssen. Da gibt es Charakterisierungen, die sie SPIELEN müssen. Wenn ich Aggressivität verlangte, mussten die Sprecher sofort einschwenken und sich auf diese Anforderung einstellen. Was einen Sprecher von einem Schauspieler unterscheidet, ist der Umgang mit dem Medium "Ton". Ein Schauspieler spielt mehr mit der Dynamik seiner Stimme: Da wechseln Laut und Leise in schnellen Abständen, um daraus die Wirkung zu erzielen. Ich habe bereits mit Schauspielern im Studio gearbeitet - diese Dynamik ist für eine Hörspielproduktion mörderisch, weil der Hörer nicht dauernd am Lautstärkeregler pegeln will, um sie auszugleichen. So etwas passiert einem Sprecher nicht. Er beherrscht die Technik. Er spielt mit der Stimme auch körperliche Tätigkeiten vor. Ja, er imitiert! Aber - wie gesagt - was macht der Schauspieler ? Kurz: Der Absatz in deinem Bericht war schon etwas herablassend vor der Leistung dieser Sprecher. Sofern Du damit allerdings nur den Hype um die "Hollywood-Stimmen" deutlich machen wolltest, so kann ich das aber auch nachvollziehen. Nichtsdestotrotz: Ein feiner Bericht! |
Erwiderung des HÖRSPIELers vom 14.08.2007: vielen Dank für Deine Mail zu `Hollywood im Ohr´. Naturgemäß teile ich Deine Rückschlüsse nicht ganz, auch wenn Du sehr nachvollziehbar argumentierst. Es geht bei dieser Thematik zu einem guten Teil um subjektive Einstellungen. Möglicherweise hätte ich dies deutlicher kennzeichnen müssen. Aber auch handwerklich widerspreche ich Dir: die Schauspieler-Sprech-Dynamik, die Du als `mörderisch´ bezeichnest, hat man in früheren Zeiten (z.B. bei Maritim und Europa bis in die 80er Jahre hinein; ganz zu schweigen von den Öffentlich-Rechtlichen) studiotechnisch sehr wohl zu meistern verstanden. Sehr viele Produktionen neueren Datums zeichnen sich m.E. durch große Monotonie der Sprechereinsätze aus. Möglicherweise kommt das daher, dass man als Synchronsprecherin oder -sprecher nur selten mit anderen Sprechern interagiert ? |
Antwort des Lesers vom 14.08.2007: Ich kann Deine Argumente nachvollziehen. Die meisten Labels haben keine interagierenden Sprecher mehr im Studio. Selbst beim Synchronisieren von Filmen ist dies nicht mehr der Fall. Jeder Sprecher ist alleine im Studio. Einige Studios, wie Europa, weichen von dieser Praxis ab, und da hast Du Recht: Das hört man! Die Sprechdynamik ist eine ganz andere. Und selbstverständlich hat man auch die Schauspieler früher in den Griff bekommen ... Der Aufwand ist nur wesentlich höher, wenn man nicht so viele technische Tricks wie Kompressoren etc. einsetzen möchte. Die Monotonie der heutigen Produktionen ist unbestritten. Es streben viele neue Gesichter auf den Hörspielmarkt, die KEINE Ahnung von Regieführung haben. Dem Sprecher wird zuwenig Führung zuteil. Er spricht seinen Text runter und fertig. Das ist mittlerweile auch beim Synchron so. Viele Synchronregisseure setzen auf ihre Erfahrung und nicht auf Ausbildung. |
Anmerkungen von Peter Eckhart Reichel -Autor, Hörbuchproduzent, Verleger- vom 12.11.2007: Ihren Artikel finde ich sehr lesenswert. Besonders hat mich Ihre Bemerkung zum Thema Gewalt gefreut, und das Beispiel des Konzerns Universal, der Brutalo-Serien wie "Gabriel Burns" protegiert, und damit sein "Familienprogramm" bestückt. Hierzu folgendes: Die großen Hörbuchverlage richten ihr Verlagsprogramm ausschließlich (!) nach kommerziellen Gesichtspunkten aus. Sie fertigen vor jeder Produktionsplanung zu erwartende Verkaufsanlysen an, entsprechen diese nicht (oder zu gering zu erwartende) Verkaufserfolge, werden diese Projekte gar nicht erst realisiert. Die Folge solcher Verlagspolitik ist allgemein bekannt. Überall liegt in den Buchhandlungen des Landes der gleiche Gewalt- und Brutalo-Schrott von immer den gleichen Herstellern und Verlagen aus, der dann notgedrungenerweise auch noch gekauft wird, weil der Normalkonsument eben nichts anderes mehr kennt. Ihre Bemerkungen über Synchronsprecher kann ich allerdings nicht teilen, empfinde diese sogar reichlich falsch. Ich selbst arbeite immer wieder gern mit erfahrenen Synchro-Sprechern zusammen, da sich diese (im Gegensatz zu vielen Theater- oder Filmschauspielern) leichter und mitunter mit vielmehr Feingefühl mit dem gesprochenen Wort beschäftigen und oft sehr punktgenau eine Szene verbal mit Leben füllen können. |